[Review] Confessions of a Serial Killer (Uncut) im wattierten Blu-ray Mediabook (inklusive DVD)
Vorab: Das Mediabook wurde uns freundlicherweise von Retro Gold 63 zur Verfügung gestellt. Wie immer hat das keine Auswirkung auf die Bewertung.
Inhalt
Daniel Ray Hawkins (Robert A. Burns) sitzt in Untersuchungshaft und wird von den zuständigen Polizisten befragt. Deren aggressive Herangehensweise ist aber nicht von Erfolg gekrönt, weswegen sich der erfahrene Sheriff Will Gaines (Berkley Garrett) der Sache annimmt. Dieser kann zu dem unscheinbaren Mann durchdringen und Hawkins beginnt seine Geschichte zu erzählen. In deren Verlauf gesteht er hunderte Morde. Die empathielose Art wie die Morde geschildert werden schockieren den erfahrenen Gaines anfänglich. Doch nach und nach zweifelt der Sheriff an den Aussagen des Verdächtigen…
True Crime Biopic oder sleaziger 80er Slasher?
Die Grundgeschichte hat den weltberühmten Fall des verurteilten Mörders Henry Lee Lucas als Vorbild. Dieser rühmte sich bei seiner Vernehmung damit, dass er mehrere hundert Morde begannen habe. Da die Polizei noch etliche ungelöste Mordfälle hatte, und Lucas diese zugab, nahmen die Ermittler seine Geständnisse dankend an ohne deren Wahrheitsgehalt wirklich zu prüfen, was zu einem riesigen Skandal führte. Henry selbst genoss die mediale Aufmerksamkeit und gestand immer mehr Taten. Am Ende konnten ihm aber „nur“ 3 Morde stichhaltig nachgewiesen werden.
Confessions of a Serial Killer ist, neben dem bekannteren Henry: Portrait of a Serial Killer, eines der Filme, der sich dieser Geschichte annahm. Gedreht wurde der Streifen 1984. Das ist in dem Zusammenhang erwähnenswert, da man sich in diesem Jahrzehnt gerne mal urbane Legenden, oder reale Mordfälle als Basis genommen hat, um dann einen waschechten Horror-, oder Slasherfilm auf das Publikum loszulassen. Gerade im Low-Budget Bereich, zu welchem der Streifen auf jeden Fall gehört. Entsprechend ging ich auch von einem harten Terrorfilm der Marke The Texas Chainsaw Massacre (welcher entfernte Bezüge zum Fall „Ed Gein“ hat) ohne viel inhaltlichen Tiefgang aus. Und die Einleitesequenz bestätigte meine Erwartungen auch erstmal.
Hawkins fährt des Nachts über einen texanischen Highway. Nach einiger Zeit bemerkt er eine Frau am Straßenrand. Deren Fahrzeug hat eine Panne und unser Antagonist bietet seine Hilfe an. Es kommt natürlich wie es kommen muss und die gute Frau wird schon bald ihren letzten Atemzug von sich geben. Diese Anfangsszene ist dabei recht atmosphärisch gefilmt. Bis auf die Lichter der Autos sieht man kaum etwas. Immer wieder bekommt man die Verfolgerperspektive serviert, was an das Giallo-Genre erinnert. Die simple, aber effektive Musik von William Penn treibt dabei den Puls zusätzlich hoch. Die Spezialeffekte während der Tötung sind dabei recht einfach gehalten und leicht als Trick erkennbar (was auf die entsprechenden Szenen im kompletten Film zutrifft). Es ist aber weniger die praktische Umsetzung der Gewaltmomente die den Film so hart machen, sondern die kaltschäuzige, nüchterne, manchmal fast beiläufige Art und Weise wie die Gewalt präsentiert wird.
Nach diesem schaurigem Einstieg musste ich mir aber erstmal verwundert die Augen reiben. Denn der erwartete Slasher-Effekt verpuffte mit zunehmender Laufzeit. Und das meine ich durchaus positiv. Gleich in der nächsten Szene sehen wir Hawkins nämlich in Haft. Nach anfänglichen Schwierigkeiten tritt Sheriff Gaines auf den Plan und zwischen den beiden Männern entsteht ein interessantes Gespräch. Das ist auch den beiden Darstellern zu verdanken. Robert A. Burns spielt den Mörder unscheinbar, zurückhaltend und höflich. Dies steht im krassen Kontrast zum Inhalt seiner Aussagen, welche er eben so „höflich“ formuliert. Das Reden über sadistische Handlungen hört sich bei Hawkins so an, als würde er ein Football-Spiel ruhig und gelassen analysieren. Entsprechend rat- und fassungslos ist der von Berkley Garrett gemimte Sheriff Gaines auch erstmal. Dem gestandenen Polizisten merkt man deutlich an, dass er sich erstmal neu sortieren muss. Dabei sind diese Unterhaltungen immer in einem stetigen Wechsel gefilmt. Ein paar Minuten wird über die Person Daniel Ray Hawkins und deren Vergangenheit geredet, dann folgt eine Sequenz über einen Mord (erzählt aus Hawkins Perspektive). Mit der Zeit bauen sich beim Sheriff aber leichte Zweifel über den Wahrheitsgehalt der Geständnisse auf. Und auch der Zuschauer beginnt die Aussagen von Hawkins zu hinterfragen. So entsteht ein recht intensives Rededuell, unterbrochen durch ruppige Szenen von diversen Gewaltakten. In diesen ersten 60 Minuten begann ich den Film immer mehr über den Klee zu loben, da es, für die Zeit in den der Streifen entstand, ein kleines Novum ist. Man brach mit damaligen Genre-Konventionen und inszenierte einen Psychothriller der durch gute Darsteller und ordentliche Dialoge hervorsticht. Dabei nahm man sich, neben vielen Freiheiten, auch ein paar belegte Fakten und baute sie sinnvoll mit in die Handlung ein. Wohlgemerkt: Positiv im Sinne des Low-Budget Films. Natürlich merkt man dem Film an allen Ecken und Enden die geringen Mittel an, weswegen er auch nicht mit teuren Serienkiller-Streifen wie dem fiktiven Sieben zu vergleichen ist. Aber aus diesem überschaubarem Budget hat man, in der ersten Stunde, das Maximum rausgeholt. Idee, Drehbuch, Schauspieler und Dialoge sind auf einem vergleichsweise hohem Niveau!
Nun werdet ihr sicher schon bemerkt haben, dass ich die ersten 60 Minuten des Streifens so betone. Und ja, das hat einen Hintergrund. Confessions of a Serial Killer läuft auf Blu-ray nämlich 107 Minuten. Und bei der letzten Dreiviertelstunde überkam mich ein bestimmter Gedanke…
Was zum Geier haben die Macher des Films geraucht?
Denn alles was in der ersten Stunde so sorgsam und bedacht aufgebaut wurde, wird komplett zerstört. Die Szenen im Befragungsraum, diese intensiven Dialoge sind plötzlich nicht mehr existent. Diese letzten 47 Minuten bekommt man eine durchgängige Slasher-Handlung serviert. Dabei entfernt man sich auch ganz weit von den Fakten, die man anfänglich immer wieder eingestreut hat. Die Opferzahl und der Sadismus steigen. Am Ende verfolgt Hawkins seine Opfer sogar in bester Jason/Freddy/Michael-Manier durch das Hinterland, inklusive dem scheinbar magischem Erscheinen an Orten, an denen er gar nicht hätte sein können. Plötzlich hat man es mit einem sleazigem 80er Slasher zu tun. Und hier entsteht auch das große Problem des Films. Hätte man sich von Anfang an für diesen Stil entschieden, dann hätte man es als Zuschauer annehmen können. Durch den bedachten und cleveren Aufbau des Streifens, fühlt sich das Finale aber wir ein Fremdkörper an. Als hätte man zwei unterschiedliche Herangehensweisen in einen Film gepackt. Und hier lässt Confessions of a Serial Killer leider deutlich Federn!
Ein versöhnliches Ende?
Da das Ende eines Werkes logischerweise am ehesten im Kopf hängen bleibt könnte man es jetzt komplett zerreißen. Ich möchte aber fair bleiben und die super inszenierten ersten 60 Minuten hervorheben. Die verkorkste zweite Filmhälfte werde ich zwar nicht entschuldigen, oder wegreden, dennoch halte ich die Qualität von Confessions of a Serial Killer für leicht überdurchschnittlich.
Bild und Ton
Da wir es hier mit einem Low-Budget Streifen der 80er zu tun haben, fällt die Bild- und Tonqualität entsprechend aus. Dennoch ist das gesprochene Wort stets gut zu verstehen (sowohl in der Synchro, als auch im O-Ton). Das Bild ist durchweg grieselig und farbreduziert. Dies passt allerdings hervorragend zur Stimmung des Streifens, weswegen ich es nicht als Negativpunkt sehe. Bild und Ton glasklar, gestochen scharf und mit satten Farben aufzuwerten hätte dem Film am Ende nur geschadet. Einzig die Aufnahmen bei Nacht sind teilweise etwas unübersichtlich, da die Beleuchtung sehr spärlich ist. In dieser Edition hat man außerdem die Wahl zwischen einem 16:9, oder 4:3 Bild, was ich für ein nettes Gimmick halte. Beim Ton hat man zwar die Wahl zwischen 5.1 oder 2.0, ein gravierender Unterschied ist aber nicht wirklich hörbar.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial besteht aus dem deutschen und englischen Trailer des Films. Außerdem gibt es noch etliche Bildergalerien. Alles nicht wirklich die Wucht. Am informativsten ist das 24-seitige Booklet, welches von Stefan Böse verfasst wurde. In diesem Booklet gibt es viele Infos über den Darsteller Robert A. Burns, den echten Mörder Henry Lee Lucas, die Psyche von Serienkillern oder die Arbeit von Profilern. Das Booklet sticht dabei wirklich hervor. Entsprechende Mini-Dokus, auf einer Bonus-DVD, wären da natürlich schöner gewesen. Gerade bei den Bildergalerien bekommt man manchmal lediglich kleine Quellenangaben serviert, bei denen man sich bei Bedarf selbst informieren kann (beispielsweise zu sehen bei einem Screenshot einer Website). Abgesehen vom Booklet wirkt das Bonusmaterial daher leider recht lieblos. Erwähnenswert ist aber noch, dass der Film, in dieser Edition, weltweit erstmalig in der komplett ungeschnittenen Fassung, in einer physischen Veröffentlichung zu erwerben ist. Quasi ein heiliger Gral für Sammler von ungekürzten Werken. Und dafür kann man Retro Gold 63 nicht genug danken!
Verpackung
Die Artworks von Retro Gold 63 sind immer ein kleines Überraschungs-Ei. Von „komplett am Thema vorbei“ bis „annehmbar“ ist alles dabei. Bei Confessions of a Serial Killer hat man aber ganze Arbeit geleistet. Klar, in der heutigen Zeit kann man über den Inhalt des Artworks diskutieren und ich kann Jeden verstehen dem das zu „drüber“ ist. Unterm Strich fängt es den Streifen aber gut ein und ist super gezeichnet. Außerdem versprüht das Cover auch den Charme des Bahnhofskinos, bzw. der vielen Videotheken-Cover von preiswerten Filmen der 80er Jahre. Bei dieser Edition handelt es sich übrigens um Cover A. Bei Bedarf (und Verfügbarkeit) hat man aber noch die Wahl zwischen 3 anderen Covern. Das Artwork ist dieses Mal fast komplett matt gehalten. Lediglich der Film-Titel hat auf allen Seiten eine Spotlack-Veredelung bekommen, welche der Edition entgegenkommt. Auch die Verarbeitung ist nach wie vor spitze!
Sehr schön beschrieben und eingeordnet, da gehe ich hundertprozentig mit:-D
Hey Ash,
es wundert mich nicht, dass wir den Film quasi gleich bewerten. Schließlich handelt es sich hier ja nicht um „Walking Tall“. ;)
Die verkorkste, und in ihrem inszenatorisch nicht nachvollziehbarem Bruch gemachte, Schluss-Dreiviertelstunde ärgert mich immer noch extrem. Aber wie im Review beschrieben kann man die erste Stunde nicht hoch genug loben. Keine Ahnung was da passiert ist. Entweder hat man den Drehbuchautor ersetzt oder an den Wochenenden zu viel Moonshiners konsumiert. Zusammengenommen ein sehr seltsames Werk.
Vermute letzteres;-P