[Review] Liverleaf Blu-ray Amaray
Inhalt
Haruka Nozaki (Anna Yamada) ist mit ihren Eltern aus Tokio in eine kleine Gemeinde gezogen, in der sie auch zur Schule geht und kurz vor ihrem Abschluss steht. In der Schule ist sie allerdings dem Mobbing ihrer Mitschüler ausgesetzt. Haruka´s Eltern, sowie ihre Lehrerin sind machtlos oder resignieren. Die Formen des Mobbings werden immer drastischer und finden ihren Höhenpunkt in einer unfassbaren Tragödie. Der Winter bricht herein und ein Schneechaos beherrscht die Gemeinde. Und mit den klirrenden Temperaturen gefriert auch Haruka´s Seele endgültig. Sie holt zum Gegenschlag aus und rächt sich an ihren Peinigern, in einer beispiellosen Brutalität.
Zum Film
Liverleaf ist einer dieser Filme, die man nicht mal eben im Laden mitnehmen kann. Zumindest nicht in Deutschland. Er wurde FSK ungeprüft veröffentlicht und eine Freigabe ist, in Anbetracht des Gezeigten, eher unwarscheinlich. Entsprechend wird der Film auch vermarktet (siehe Backcover, welches dem Film aber nicht gerecht wird). So habe ich mir den Streifen, aufgrund von positiven Rezensionen, besorgt und einen harten Rachefilm erwartet. Und im Kern trifft dies auch zu. Sowohl das Mobbing, als auch die anschließend praktizierten Racheakte sind schwer zu schlucken. Liverleaf ist am Ende aber wesentlich mehr, als es anfangs den Anschein hat.
So werden im Ăśbergang vom Mobbing zur Rache einige Täter näher beleuchtet und erhalten dadurch ein ordentliches Profil. Schon frĂĽh ist also zu erkennen, dass hier nicht mit simpler Schwarz/WeiĂź Malerei gearbeitet wird, sondern die Grenzen der Sympathien, fĂĽr einzelne Charaktere, immer wieder verschoben werden. Dies ist auch ein wichtiges Element fĂĽr das letzte Drittel des Films. Denn zu meiner Verwunderung war die Racheaktion von Haruka bereits nach dem zweiten Drittel (des etwa zweistĂĽndigen Streifens) mehr oder weniger beendet. Was dann folgt hebt Liverleaf angenehm von den gängigen Rachefilmen ab. Die HintergrĂĽnde der einzelnen Personen, sowohl auf der Täter-, als auch auf der Opferseite, werden (teils durch RĂĽckblenden) immer mehr offengelegt. Die Sympathien, bzw. Antipathien gewissen Charakteren gegenĂĽber werden vom Zuschauer immer wieder neu geordnet. Das klingt jetzt vielleicht etwas wirr, wenn ihr Liverleaf aber einmal sehen solltet, werdet ihr definitiv wissen was ich meine. Und mehr kann ich auch ncht verraten, ohne zu spoilern. Die cleveren (und krassen) Wendungen verleihen dem Streifen aber ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Auch ist das Thema „Mobbing“ nur die Spitze des Eisberges. In der Summe geht es um Gewalt. Wie sie entsteht und zu was sie fĂĽhren kann. Es geht um fehlinterpretierte Liebe, Traumatas, Perspektivlosigkeit und negative Gruppendynamik. Wenn man am Ende das groĂźe Ganze ĂĽberblickt, bleibt eine zutiefst traurige Geschichte ĂĽbrig, welche sich bei euch fĂĽr eine gewisse Zeit im Hirn festsetzen dĂĽrfte.
Die ganze Szenerie ist fast schon poetisch gefilmt worden. Atemberaubende und melancholische Naturaufnahmen geben sich mit den harten Gewaltakten (welche dem Splattergenre zuzuordnen sind) die Klinke in die Hand. Dabei wird auch viel mit diversen Farben und deren Bedeutung gespielt, was sich unter anderem an der wechselnden Kleidung der Charaktere bemerkbar macht. Auch das titelgebende Leber-Blümchen (welches als winterbeständig gilt) hat einen tiefern Sinn und lädt zum interpretieren ein. Abgerundet wird dieses kleine Meisterwerk mit einem zwar dezenten, aber absolut stimmigen Soundtrack.
Ein paar kleinere Mackel gibt es aber dennoch. Die erwähnten Splattereffekte sind ĂĽberwiegend handgemacht, jedoch haben sich auch einige bescheidene CGI-Effekte untergemogelt. Auch wirken einige Effekte ziemlich ĂĽbertrieben. Allerdings muss man hier auch die japanische Filmkultur beachten. Denn Filme aus dem asiatischen Raum neigen zu einer ĂĽbertriebenen Gewaltdarstellung. AuĂźerdem basiert Liverleaf auf den Manga „Misumisou“ von Rensuke Oshikiri, was diese Form der Gewaltdarstellung erklären dĂĽrfte. Persönlich hätte ich es besser und effektiver gefunden, wenn man besagte Darstellung nĂĽchterner und roher inszeniert hätte, aber aufgrund der asiatischen Kultur und des Manga-Hintergrunds kann man diesen Kritikpunkt auĂźer Acht lassen. Asiatische Streifen stehen auch fĂĽr teils hemmungsloses Overacting. Dieses ist auch in Liverleaf zu finden, allerdings in einem erträglichen MaĂź. In der Summe sind die schauspielerischen Leistungen sogar richtig gut. Gerade Anna Yamada (Haruka), Rinka Ă”tani (welche quasi die AnfĂĽhrerin der Mobber mimt) und Hiroya Shimizu (der der Einzige ist, der versucht Haruka mental zu stĂĽtzen) liefern eine beeindruckende Leistung ab. Ein kleines Logikloch entsteht noch, wenn man sich hinterfragt warum die örtliche Polizei nicht wirklich ermittelt. In einer Szene sind zwar mal ein paar Polizisten zu sehen, aber ansonsten scheint da keiner so wirklich seinen Job zu machen, was bei den Ereignissen schon etwas fragwĂĽrdig ist. Denkt man da aber zuviel drĂĽber nach, macht man sich den restlichen, extrem starken Film kaputt. Ihr merkt also, das alles ist Meckern auf sehr hohem Niveau.
Sonderausstattung
Ja Leute, hier wurde richtig geschlampt. Die Amaray liegt in einem gut synchronisierten deutschem Ton vor. Alternativ ist auch die japanische Tonspur mit drauf. Untertitel gibt es allerdings keine. Selbiges gilt für das Bonusmaterial. Nix, nada! Kein Audiokommentar, kein Behind The Scenes-Featurette, kein Making-Of, kein Booklet und noch nicht mal Trailer. Gerade bei diesem Film, mit dem thematischen- und dem Manga-Hintergrund, wäre so viel drin gewesen. Das ist in meinen Augen wirklich enttäuschend. Die Amaray selbst ist übrigens auf 500 Stück limitiert. Aktuell (Stand 04/2023) ist sie auch noch erhältlich. Es gibt auch noch 2 DVD-Mediabooks, welche aber schon vergriffen sind.
Fazit
Liverleaf ist ein schwer zu schluckender Brocken von einem Film. Was als konventioneller Rachefilm beginnt, nimmt recht schnell eine eigene Dynamik an und kreiert somit etwas bisher noch nie Dagewesenes. Poetische und grausame Bilder wechseln sich ab. Die Hintergründe der Gewalt werden aus psychologischer Sicht fundiert seziert, was es dem Zuschauer schwierig macht das Gesehene in klassische Schwarz/Weiß-Malerei einzuordnen. Dies war auch nie das Ziel des Regisseurs Eisuke Naito. Dadurch, dass man als Zuschauer gezwungen wird sich mit den einzelnen, super geschriebenen, Charakteren auseinanderzusetzen, fällt eine Einordnung, wie in der Realität, sehr schwer, was den Streifen dann am Ende auch so fies macht. Ein Film der im Gedächtnis bleibt!
So ein Schrott. Japanisch ohne Untertitel.
Da kann man es auch gleich bleiben lassen.
Nunja, „Schrott“ ist schon ein hartes Wort.
Man darf nicht vergessen, dass es sich hier (inhaltlich und in Sachen Gewaltdarstellung) um einen sehr speziellen Film handelt.
Solche Streifen werden, in Sachen weltweite Veröffentlichung, recht stiefmütterlich behandelt.
Von daher kann man froh sein, dass dieser Film im deutschsprachigen Raum (sogar mit einer guten deutschen Synchronisation) überhaupt veröffentlicht wurde.
Und dafĂĽr bin ich dem Label (Shock Entertainment) auch dankbar.
Wenn man natürlich den japanischen O-Ton bevorzugt und, aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, auf Untertitel angewiesen ist schaut man in die Röhre. Das ist ungünstig und hätte besser gemacht werden müssen, da bin ich bei dir.
Ok, das hört sich von der Story ja tatsächlich interessant an, würde mich durchaus interessieren, jedoch keine Untertitel sind für mich eigentlich ein Nogo, da mein Japanisch sehr rudimentär ist und ich mir das Original dann schon auch gerne ansehe. Danke:-)
Ja, also der Film selbst ist fĂĽr mich, wie geschrieben, ein kleines Meisterwerk und ich bin froh ihn gekauft zu haben. Eine absolute Empfehlung und ich bin mir sicher, dass du „Liverleaf“ auch etwas abgewinnen kannst.
Leider gibt es nicht viele Möglichkeiten den Streifen in deutsch zu bekommen. Die Mediabooks beinhalten zwar noch ein Booklet, aber sofern ich das richtig sehe, sind da auch keine Untertitel vorhanden.
Ich bin da ein bisschen gespalten. Einerseits muss man dem Label danken, den doch sehr speziellen Film überhaupt auf deutsch veröffentlicht zu haben. Auf der anderen Seite ist das Fehlen von Untertiteln und jeglichem Bonusmaterial natürlich indiskutabel.
ja, versteh ich gut, ich finde Labels, die solche Filme rausbringen, von Grund auf gut. Im Notfall, wie ich letztens ja auch feststellen musste, lässt man es halt die KI übersetzen;-)