[Review] The Tourist – Duell im Outback (Staffel 1)
Vorab: Diese Kritik basiert auf einen Stream aus der ZDF Mediathek. Die Serie ist aber auch als DVD- und Blu-ray Amaray zu erwerben. Das Steno-Cover wird der Serie ĂĽbrigens in keinster Weise gerecht. Seht es einfach als Platzhalter an.
Inhalt
Unser namenloser Protagonist fährt mit seinem, eher zweckdienlichen, Auto durch das australische Outback. Plötzlich jedoch wird er von einem LKW verfolgt, gejagt und letzlich von der StraĂźe gerammt. Das Auto ĂĽberschlägt sich und der Protagonist verliert das Bewusstsein. In einem Krankenhaus kommt er wieder zu sich. Allerdings kann er sich an nichts mehr erinnern. Nicht nur der Unfall, auch sein Name, seine Herkunft und seine komplette Vergangenheit ist scheinbar aus dem Hirn gelöscht. Der StraĂźenpolizistin Helen Chambers tut der verlorene und hilflose Mann leid. AuĂźerdem ist nicht ganz klar, warum er ĂĽberhaupt verfolgt wurde und scheinbar getötet werden sollte, weswegen sie sich der Sache annimmt. In der Kleidung des Mannes, mit dem verlorenen Gedächtnis, befindet sich ein Zettel. Laut diesem soll er sich mit Jemandem in einem Diner treffen. Auf dem Weg nach Erklärungen, zeigt sich der mysteriöse LKW-Fahrer abermals und stellt sich als äuĂźerst hartnäckig heraus. Es ist Zeit Antworten zu finden. Diese sind allerdings tief im Hirn des Protagonisten versteckt…
Umsetzung
Ich gebe es zu, nach dem Lesen der Inhaltsangabe, aus der ZDF Mediathek, war ich angefixt. Die Story klingt nicht nur wahnsinnig spannend und interessant, ich musste auch direkt an einige Film- und Serienreferenzen denken. Und das bestätigte sich auch recht schnell. Grob runtergebrochen kann man sagen, dass The Tourist – Duell im Outback das Kind eines beliebigen David Lynch Werkes ist, welches mit einem beliebigen Werk der Coen BrĂĽder Liebe gemacht hat. Das ist besonders an der lebendigen Welt zu erkennen, welche in dieser Serie erschaffen wurde. Ă„hnlich wie in Twin Peaks meint man irgendwann die Bewohner, sowie die Ă–rtlichkeiten auswendig zu kennen. Man wird als Zuschauer regelrecht in diese Welt gezogen, anstatt sie einfach indirekt zu betrachten. Dieses Ziel haben einige Produktionen, aber es schaffen nur die Wenigsten. Denn dafĂĽr mĂĽssen alle Grundpfeiler passen.
Zum einen natürlich das Drehbuch, die Charaktere und die Dialoge. Und da hat man durchweg makellos abgeliefert. Das Drehbuch von Harry und Jack Williams deckt alles ab. Die Story ist absolut stimmig ausbalanciert und pendelt ständig zwischen spannend, grotesk, brutal, witzig, emotional und traurig. Dabei stimmt auch das Tempo, sodass in den 6 Folgen (ca. 60 Minuten pro Folge) nie Leerlauf entsteht oder es irgendwann mal gehetzt wirkt. Die ganze clevere Handlung und der Ablauf sind extrem gut durchdacht und umgesetzt worden. Neben den schon erwähnten Referenzen kommen übrigens noch ein paar Andere hinzu. Die Sache mit dem Gedächtnisverlust erinnert an Christopher Nolan´s Memento (The Tourist verläuft allerdings chronologisch). Bei der Jagd durchs Outback wird Wolf Creek Pate gestanden haben. Und in der sensationellen 5. Episode schwebt auch eine Prise der genialen Serie Mr. Robot mit. The Tourist geht letzten Endes aber eigene Wege und ist kein reines Filmeraten.
Unterstrichen wird diese fĂĽhlbare Welt durch die Charaktere. Jede einzelne Person hat ein vernĂĽnftiges Profil bekommen. Ob ein skurriler Agent, ein unberechenbarer Gangsterboss oder ein einfältiger, aber liebenswerter Dorf-Sheriff. Alle wirken im ersten Moment grotesk, wozu auch die herrlichen Dialoge beitragen. Aber je besser ich die Leute kennenlernen durfte, desto mehr fragte ich mich, ob „grotesk“ das richtige Wort ist. Wirklich Jeder hat mit alltäglichen Problemen, zum Teil sogar traumatischen Erfahrungen zu kämpfen. Man nimmt nach einer Zeit die Charaktere an. Sie werden greifbar. Dadurch ensteht, vor allem in den letzten beiden Episoden, eine interessante Gut/Böse-Sicht. Jede Person handelt aus ihrer individuellen Sicht nachvollziehbar. Schwarz und WeiĂź lässt sich nicht definieren, woraus sich auch zum Teil sehr traurige Szenen entwickeln. Und hier hat man ebenfalls das KunststĂĽck geschafft, zwischen den humorvollen und den lustigen Passagen eine perfekte Waage zu halten. Man leidet, lacht und fiebert mit den jeweiligen Personen. AuĂźerdem verzichtete man auf stereotype Figuren. Dies ist besonders an der Polizistin Helen Chambers zu erkennen. Dabei handelt es sich um eine ĂĽbergewichtige Person, welche sich privat in einer toxischen Beziehung befindet. Das passt auf den ersten Blick so gar nicht auf das Topmodel-Bild, was so manche Mainstream-Krimiserien von weiblichen Ermittlerinnen kreierten. Aber diese unglaubliche Empathie, die Helen Chambers auszeichnet, ihre ganze liebevolle Art und ihr Pflichtbewusstsein lassen sie ĂĽber sich hinauswachsen und letzten Endes auch attraktiv werden. Die Botschaft hinter ihrem Charakter ist wichtig und ich bin den Machern der Serie dankbar, dass man sich dazu entschieden hat, auf solch geerdete Charaktere zurĂĽckzugreifen.
Filmtechnisch bekommt man es hier nicht mit all zu vielen optischen Spielereien zu tun. Das ist aber okay, da in The Tourist immer die Handlung, sowie die Charaktere an erster Stelle stehen. Nur in der 5. Episode (welche eine der besten Serienfolgen ist, die ich je sehen durfte), hat man sich ausgetobt. Storybedingt hat man es hierbei nämlich mit ein paar waschechten Mindfuck-Szenen zu tun. Musikalisch hauen auch die Klänge von Dominik Scherrer absolut rein. Egal welche Emotion gerade angesprochen werden soll, akustisch sitzt es einfach.
Die Darsteller
Die Genialität des Drehbuches spielt natĂĽrlich nur ein untergeordnete Rolle, wenn man keine passende Darsteller hat. Auch hier gibt es aber nur Positives zu berichten, da alle Schauspieler durchweg klasse aufspielen. An sich wäre es unfair hier ein paar besonders hervozuheben….aber….ich mache es trotzdem. Helen Chambers wird von Danielle Macdonald gemimt. Und ihr ist es auch zu verdanken, dass die Polizistin so sympathisch wahrgenommen wird. Macdonald versteht ihre Figur und bringt das auch auf den Bildschirm. Der namenlose Protagonist wird von Jamie Dornan verkörpert. Den meisten von Euch wird er sicher aus Fifty Shades of Grey bekannt sein. Bei The Tourist scheint es so, als ob Dornan seinem „Christian Grey Ruf“ gepflegt den Stinkefinger zeigt. Und das geht auf! Er spielt seine komplexe Figur mit einer absolut sehenswerten Hingabe. Ein unterschätzter Schauspieler, welcher sich hoffentlich noch in weiteren solchen Rollen etablieren darf.
Kritikpunkte
Normalerweise suche ich immer nach dem Haar in der Suppe. Irgendetwas, was mich dazu ermutigt nicht die volle Punktzahl zu geben. Aber ich kann mich anstrengen wie ich will, ich finde keinen Kritikpunkt und komme nicht umhin The Tourist die vollen 10 Punkte zu geben.
Fazit
Die Regisseure Chris Sweeney und Daniel Nettheim haben hier eine, in allen Belangen, überzeugende Serie geschaffen. Man orientierte sich an vielen Genre-Referenzen und bastelte sich daraus ein komplexes, durchdachtes und unterhaltsames Werk. Mein persönliches Prädikat: Absolut sehenswert!
Anmerkung: Eine zweite Staffel ist wohl schon in der Produktion.
Jawoll, ein Tipp aus dem Hause Twin-Peaks-Wood-Industries. ZDF-Mediathek schaue ich immer gerne ab und eine Serie, zahle ja auch GebĂĽhren. Das liest sich super, wird geschaut!
Da machst du auf jeden Fall nix verkehrt. „The Tourist“ möchte ich mal als Geheimtipp verbuchen, welcher mehr Aufmerksamkeit verdient hat!