[Review] Halloween II (2009) Blu-ray Amaray (Kinofassung + Director´s Cut) uncut
Ein diskussionswürdiges Vorwort
Ich gebe es zu. Ich liebe Rob Zombie´s Remake zu Halloween (2007)! Und ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich halte John Carpenter´s Original Halloween (1978) für überschätzt (Anmerkung in eigener Sache: nach dem Schreiben dieser Zeilen, wird mir irgendwie plötzlich ein bisschen kalt). Dabei schätze ich Carpenter´s Schaffen im Großen und Ganzen. Filme wie Das Ding aus einer anderen Welt, Die Klapperschlange oder The Fog finde ich richtig stark. Zu seinem Halloween fande ich aber nie einen Zugang. Zugegeben, die ersten 5 Minuten sind wirklich klasse. Aber danach herrschte bei mir nur gähnende Langeweile. Das fängt bei den (für einen Slasher) sehr zahmen Morden an und endet bei einer sehr, seeehr dünnen Handlung. Laut des fachmännischen, psychologischen Gutachtens, des angesehenen Psychologen Dr. Loomis, ist Michael Myers „einfach nur Böse“. Ähm, ja. Danke für die offenbar sehr gut recherchierte Aufklärung, Herr Doktor. Besagtes Böse bringt dann im Verlauf ein paar Leute um und Dr. Loomis hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Böse aufzuhalten. Das wars. Durch die kaum vorhandene Gewaltdarstellung, dem Fehlen jeglichen Backgrounds und dem damit einhergehenden, plumpen Handlungsverlauf, konnte und kann der Original Halloween bei mir keine Spannung, oder irgendeine Form von Unterhaltung erzeugen. Das war selbst bei den Genre-Kollegen Freddy Krüger und Jason Vorhees besser gelöst.
Und was ist jetzt mit Rob Zombie´s Remake? Dieses hat die Gemüter gespalten. Zombie spendiert seiner Interpretation etwa eine halbe Stunde mehr Laufzeit als es noch beim Original der Fall war. Diese Extra-Länge nutzte der gute Rob, um Michael Myers einen Background und somit ein Profil zu verpassen. Und dies stieß nicht wenigen Fans sauer auf. Ok, mit dem Aufwachsen im „White Trash“-Milieu machte er es sich einfach, aber für mich funktionierte es. Man sieht Michaels schwere Kindheit, bis es dann zu der berüchtigten Einleitesequenz aus Carpenter´s Original kommt. Daraufhin folgen dann ausgiebige Szenen mit Michael und Dr. Loomis in der Nervenheilanstalt, bis dann auch bei Zombie´s Version der bekannte Handlungsverlauf beginnt. Durch diesen einfachen Kniff ist, in meinen Augen, die Grundsituation einfach interessanter und die Charaktere greifbarer. Es geht sogar soweit, dass man teilweise Mitleid mit Michael hat. In einer Szene am Ende wird die Tragik seines Wesens nochmals unterstrichen. Hinzu kommt, dass Zombie die Gewaltakte um einiges drastischer und roher inszeniert hat, was wiederum super mit der düsteren und abgefuckten Handlung harmoniert. Bei all meiner Begeisterung für das Remake kann ich aber natürlich auch nachvollziehen, dass sich viele Fans des Originals vor den Kopf gestoßen fühlten. Michael Myers wurde entmystifiziert und Rob Zombie´s eigensinniger Regiestil ist gewöhnungsbedürftig. Das er aber Mut zu neuen Ideen hat und ein fähiger Regisseur ist, sollte man ihm zugestehen.
So. Jetzt wollen wir aber mal zum eigentlichen Thema kommen. Außerdem denke ich, dass ich die Nerven der Halloween-Fans jetzt auch genug strapaziert habe. Kommen wir also zu Rob Zombie´s …
Halloween II
Eben schrieb ich noch, dass ich die Nerven der Halloween-Fans genug strapaziert habe. Nunja, streicht das. Es wird nicht besser. Wie schon geschrieben hat Zombie´s erster Halloween-Film eher gemischte Kritiken bekommen. In der Summe kam er aber nicht komplett schlecht weg. Das änderte sich beim direkten Nachfolger. Dieser bekam überwiegend einen fast schon unbändigen Hass ab. Von der Zerstörung der Halloween Reihe war und ist da sogar die Rede. Aber woran liegt das?
Zunächst einmal sei gesagt, dass Rob Zombie´s Halloween II kein Remake von Carpenter´s Halloween II (wobei er hier nur das Drehbuch schrieb) ist. Der gute Rob setzt die Geschehnisse seines Remakes auf seine Art fort und macht letzten Endes einen waschechten Rob Zombie Streifen daraus. Das bedeutet: zum Teil sehr asoziale Charaktere, Gossensprache, eine Inszenierung wie ein Fiebertraum und eine ungewöhliche Erzählweise. Zombie wird natürlich die Kritiken des Erstlings mitbekommen haben. Aber anstatt den Fans das zu geben was sie erwarten, sagte er sich: „Ach komm, jetzt setze ich einfach noch einen drauf“. Fans und Kritiker sind sich einig. Zombie hat Halloween zu Grabe getragen. Aber Meinungen sind subjektiv. Und ich gehöre zu der seltenen Gattung, die Zombie´s eigensinnigen, rebellischen und provozierenden zweiten Halloween extrem abfeiern, und in den nächsten Zeilen werde ich auch erklären warum. Aber erstmal ein paar Worte zum Inhalt.
Nach den Geschehnissen des Vorgängers sind die Überlebenden traumatisiert. Laurie Strode (klasse: Scout Taylor-Compton), Annie Brackett (Danielle Harris) und Dr. Loomis (Malcolm McDowell) gehen dabei aber sehr unterschiedlich mit ihrem jeweiligen Trauma um. Laurie hat aber am heftigsten daran zu knabbern. Trotz das Myers offiziell für tot erklärt wurde, verfällt sie immer wieder in panische Angst das er wieder auftaucht. Und sie soll Recht behalten.
Die Handlung klingt erstmal nach den klassischen Zutaten der Reihe, aber Zombie macht dennoch etwas ganz eigenes daraus. Hierbei sind auch die Unterschiede beider Filmfassungen interessant. Um den Film gut beschreiben zu können, werde ich deswegen gleichzeitig beide Filmfassungen vorstellen.
Kinofassung (KF) oder Director´s Cut (DC)?
Die Grundhandlung beider Fassungen verläuft im Grunde gleich. Der Hauptunterschied ist Laurie´s Geisteszustand. In der KF ist ihr Weltbild leicht positiver. Sie versucht ihr Trauma zu bewältigen, schaut stellenweise sogar etwas hoffnungsvoll in die Zukunft. Nach und nach verliert sie dann aber den Bezug zur Realität. Beim DC ist sie von Anfang an ein psychisches Wrack. Depressionen, Angstzustände, Panikattacken und Medikamente bestimmen ihr Leben. Düster sind beide Fassungen, aber der DC ist dabei etwas nihilistischer. Dies führt dann auch zu unterschiedlichen Enden, welche in ihrem jeweiligen Verlauf aber konsequent sind. Welche der beiden Fassungen die bessere ist, ist am Ende Geschmackssache. Wie schon beim ersten Teil ziehe ich den DC vor. Sehenswert sind aber beide Fassungen.
Der visuelle Stil ist aber sowohl in der KF, als auch im DC nahezu identisch. Zusammen mit Kameramann Brandon Trost hat Zombie hier ein paar epische Bilder geschaffen. Das Gesehene pendelt ständig zwischen surreal, bizarr und bildgewaltig. Hinzu kommen noch irre Beleuchtungseffekte, welche diesen Wahnsinn unterstreichen. Abgerundet wird das noch von einer fast schon terrorhaften Akustik, für die Tyler Bates verantwortlich war.
Auch in den Gewaltszenen legte Zombie nochmals eine Schippe drauf, was auch zu einer schnellen und bis heute bestehenden Indizierung führte. Bedenkt man aber was für Sauereien in Halloween Kills (Uncut FSK 18) zu sehen waren, wirkt die Indizierung von Halloween II aus heutiger Sicht überholt. Bei den besagten Gewaltakten liegt aber auch einer meiner wenigen Kritikpunkte von Zombie´s Streifen. Diese sind nämlich meist in krassen Nahaufnahmen und mit sehr schnellen Schnitten realisiert worden. Zusammen mit dem meist sehr dunklen Bild geht da öfters die Übersicht flöten und man weiß manchmal nicht, was jetzt eigentlich mit dem Opfer passiert.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der physische Zustand von Dr. Loomis. Bedenkt man nämlich was am Ende des ersten Teils mit ihm passiert ist, ergibt sich daraus im zweiten Teil ein fettes Logikloch. Auch gibt es im letzten Drittel des Films eine Halloween-Party zu sehen, die aber nichts wirklich zur Handlung beiträgt und den Streifen unnötig ausbremst. In meinen Augen sind das aber alles Punkte, über die ich hinwegsehen kann.
Einige kritisierten noch Michael´s Wahnvorstellungen, bei dem ein weißes Pferd, sowie seine Mutter (Sheri Moon Zombie), eine tragende Rolle spielen. Ich finde diese Darstellung jedoch äußerst passend. Durch ein bestimmtes Ereignis am Ende des ersten Teils hat Michael´s Psyche den Todesstoß bekommen. Und mit dieser „Pferde/Mutter“-Metapher sehen wir sein Innenleben. Hatte Michael im ersten Teil noch ein klares Ziel vor Augen, ist er im zweiten Teil zu einem instinktgetriebenen Raubtier mutiert.
Ihr merkt sicher schon, Zombie nahm sich wieder viel Zeit für seine Figuren. Er haut hier ein derbes, pessimistisches und „mindfuckiges“ Psychodrama raus, welches, zusammen mit dem ersten Teil, ein absolut rundes Horrorepos bildet. Zumindest in meinen Augen. Aber wer vielleicht mal die ein oder andere Kritik von mir gelesen hat weiß, dass ich es sehr schätze, wenn mutige Filmemacher mal die abgelatschten Pfade verlassen.
Sonderausstattung
Hier wird einiges für, vergleichsweise, schmales Geld geboten. Die Blu-ray enthält neben der uncut Kinofassung, auch den ungeschnittenen Director´s Cut. Ein ausführlicher Audiokommentar von Rob Zombie ist auch mit an Bord, wenn auch leider nicht untertitelt. Ebenso befinden sich der deutsch- und englischsprachige Trailer auf der Disk. Wenn man kein Geld für die, mittlerweile, überteuerte Collector´s Edition ausgeben möchte, aber dennoch Wert auf beide Filmfassungen legt, dann macht man mit dieser Amaray nichts verkehrt.
Fazit
Rob Zombie spaltet mit seinem zweiten Halloween-Film die Gemüter. Obwohl „spalten“ das falsche Wort ist. Ich glaube kein Halloween-Streifen wurde so ausgiebig verissen wie dieser. Wer sich aber auf Zombie´s Stil einlässt und begreift was er hier schaffen wollte, der wird mit Halloween II auf jeden Fall warm werden. Ein rotziger, brutaler Bastard von einem Film. Und falls jemand fragen sollte: Ja, ich oute mich hier mal als riesiger Rob Zombie Fan!
Top-Rezension zu einem Top-Film 👍🏻
Vielen Dank Dr. Seuss! :)
wow, da hast du aber eins rausgehaut, Respekt! :-) Ich mag den auch, würde aufgrund des Fauxpas den Boogey-Man zu vermenschlichen nicht vom Glauben abfallen und ja, natürlich bin ich auch Rob-Zombie-Fan, auch die vermeintlich von allen gehassten wie Lords of Salem, der wirklich grandios ist, etc. Aber trotzdem, Carpenter bleibt mein Favorit, er hat den Boogey-Man und vor dem laufen wir bekannterweise, wenn er kommt, davon;-)
Danke Ash! :)
Für viele war das ein Fauxpas. Für mich genial. Ich kann beide Seiten verstehen. :)
Was „Lords of Salem“ angeht stimme ich dir zu. Im Grunde finde ich jeden Zombie Streifen (höhö) gut. Mit Ausnahme von „3 From Hell“. Den empfinde ich eher als durchschnittlichen Fan-Service.
Und Carpenter´s Boogey-Man macht mir nach wie vor weniger Angst. Dann eher Katzen. Ich mag die Viecher einfach nicht. „Cats“ wäre demnach für mich der wahre Horror. :)