[Review] The Last of Us – Staffel 1 (Blu-ray Amaray)
Shame on me
Ich gehöre zu der seltenen Fraktion, die The Last of Us – das Videospiel für überschätzt halten. Technisch ist das Game schon super und der Soundtrack ist ein echtes Meisterstück. Auch die Handlung und die Charaktere sind im Kern nicht schlecht. Aber dennoch konnte ich mich dem Hype nie wirklich anschließen. Das Gameplay selbst ist mir zu repetitiv. Man kämpft und sammelt Ressourcen. Man kämpft und sammelt Ressourcen. Immer und immer wieder. Und das Kämpfen an sich ließ mich auch des öfteren fluchen (wer kam auf die glorreiche Idee, dass man ein Messer im Kampf nur einmal verwenden kann bevor es zerbricht, während Gegner unzählige Male auf euch einstechen können?). Da diese beiden Faktoren einen nicht unerheblichen Teil des Spiels ausmachen, kam dadurch meiner Meinung nach die Figurenzeichnung zu kurz. Im Kern interessant, in der Summe blieb mir aber, mit Ausnahme der beiden Protagonisten, kein Charakter wirklich im Gedächtnis. Auch die unnötig, übertriebene Brutalität verursachte bei mir manchmal Kopfschütteln. Unterm Strich hat man mit dem Spiel eine gute Basis geschaffen, letzten Endes passt in meinen Augen aber das Pacing nicht. Dennoch war ich tierisch gespannt auf die Serie. Videospielverfilmungen haben es ja nicht wirklich leicht. Neben wirklich guten Vertretern wie Silent Hill oder Tomb Raider (2018), gibt es leider auch viel zu viele Rohrkrepierer welche der Vorlage nicht gerecht werden. The Last of Us ist aber wirklich gut geworden. So viel kann ich schonmal sagen. Dabei können sowohl Kenner des Spiels auf ihre Kosten kommen, als auch diejenigen unter euch, die mit der Vorlage noch nichts zu tun hatten. Um die Serie genießen zu können braucht man nämlich keinerlei Vorkentnisse.
Inhalt
2003. Joel (Pedro Pascal) und seine Tochter Sarah (Nico Parker) führen ein recht harmonisches Leben. Plötzlich macht sich jedoch eine Pandemie breit. Chaos bricht aus. Inmitten dieser Extremsituation bricht die Welt von Joel komplett zusammen. Schnitt. 20 Jahre später. Joel ist ein psychisches Wrack. Er hält sich mit nicht ganz legalen Nebenjobs über Wasser um in der nahezu komplett zerstörten Welt zu überleben. Der Virus hat das normale Leben komplett aus den Angeln gehoben und eine Rückkehr in alten Strukturen scheint aussichtslos. Dann bekommt er den lukrativen Auftrag die Teenagerin Ellie (Bella Ramsey) zu einen bestimmten Ort zu bringen. Das vorlaute Mädel schafft es nach und nach zu dem kaltherzigen Mann durchzudringen. Dabei ahnt Joel anfangs nicht wie kostbar Ellie für die Menschheit ist. Eine gefährliche Reise durch das zerstörte und menschenfeindliche Amerika beginnt…
Umsetzung
Ich muss zugeben, dass mich die Serie von Anfang an gepackt hat. Und anders als beim Spiel hatte dieses Gefühl auch bis zum Ende Bestand. Aber woran liegt das? Wie in der Vorlage hatte Neil Druckmann auch hier die Finger im Spiel. Ich hatte aber den Eindruck, dass er viele Fehler des Games selbst erkannt und ausgebessert hat. Das viele Spielinhalte (Kämpfe, Ressourcen sammeln) für eine Serie oder einen Film über Bord geworfen werden ist selbstredend. Und das hat The Last of Us extrem gut getan. So kann man sich nämlich besser auf das Storytelling, die Charaktere und das Gestalten der Welt konzentrieren. Die Kämpfe selbst wurden nämlich auf ein Minimum reduziert. So kristallisiert sich angenehm die dramatische Geschichte heraus. Außerdem hat man auch mehr Zeit an den Charakteren zu schleifen. So bleiben selbst Nebencharaktere im Gedächtnis, was bei mir ja im Spiel nicht der Fall war.
Das liegt aber auch an den, nahezu durchweg, guten schauspielerischen Leistungen. Darsteller wie Anna Torv (Fringe), Nick Offerman (Wir sind die Millers) oder Melanie Lynskey (Two and a Half Man) geben sich hier die Klinke in die Hand. Und fast alle Schauspieler liefern eindrucksvoll ab. Allen voran aber die Hauptdarsteller Pedro Pascal und Bella Ramsey (beide aus Game of Thrones). Man leidet und fühlt mit Joel und Ellie. Permanent. Es gab wegen der Besetzung zwar einige Kontroversen, aber meiner Meinung nach sind die Hauptdarsteller absolut perfekt gewählt worden.
Diskussionen gab es auch über einige Folgen. Vorab sei gesagt, dass die 9 Folgen der ersten Staffel (im Schnitt 58 Minuten pro Episode) die Handlung des ersten Spiels komplett nacherzählen. Dabei nahm man sich jedoch kleinere Freiheiten raus, um auch die Kenner des Games überraschen zu können. Für mich hat das super funktioniert. Einige kritisierten aber die Epsioden 3 und 7. Bezeichneten sie als Füllerfolgen, welche eigentlich nichts zu erzählen hatten. Hier muss ich vehement widersprechen. Die Grundhandlung geht in diesen Folgen nicht wirklich weiter, das stimmt. In den Folgen werden aber Charakterprofile sinnvoll vertieft, was die ganze Welt von The Last of Us greifbarer, fast schon fühlbarer macht. Folge 3 zähle ich sogar zu den besten Serienepisoden die ich jemals sah. Wenn man schon von Füllerfolgen sprechen will sollte man eher auf The Walking Dead schauen. Diese Serie hatte meiner Meinung nach ab der 3. Staffel wirklich nichts mehr zu erzählen und hat es dennoch auf 11 Staffeln (!!!) gebracht. Dazu sei noch gesagt, dass die besagten Folgen 3 und 7 auch einigen Leuten missfiel, welche ein sehr eingeschränktes Weltbild haben. Sowas wird es aber wohl leider immer geben.
Unterm Strich hat für mich jede der 9 Folgen seine Daseinsberechtigung und macht die Serie zu einem gelungem und runden Erlebnis. Alles perfekt also? Naja, nicht ganz. Denn Episode 8 weist tatsächlich ein paar Schwächen auf. Anders als im Spiel ergibt sich hier am Ende der Folge ein riesiges Logikloch (SPOILER Während man im Spiel nahezu die ganze Gemeinde ausräuchert, fragt man sich in der Serie wo denn plötzlich alle Gemeindemitglieder hin sind SPOILER ENDE). Auch der Antagonist im achten Teil kommt am Ende seltsam rüber. Hatte man es bis hierhin mit durchweg gut geschriebenen Charakteren und Dialogen zu tun, mutiert besagter Antagonist hier zu einem stereotypen 08/15 Psychopathen mit Dialogen die aus einem drittklassigem TV-Film der 90er stammen könnten. So wirken die letzten 15 Minuten von Folge 8 ein bisschen wie ein Fremdkörper. Als hätte man an einem Freitag das Drehbuch geschrieben und wollte es kurz vorm Wochenende noch hastig fertig machen.
Das Staffelfinale bietet dann aber wieder die gewohnte Qualität. Das Ende selbst ist ein kleines Meisterstück, da es fies mit moralischen Fragen spielt. Die Handlungen gewisser Charaktere müssen hinterfragt und auf einen selbst gespiegelt werden. Der Zuschauer wird hier nicht an die Hand genommen. Schwarz und Weiß wird nicht klar getrennt und einjeder muss sich fragen wie man selbst reagiert hätte. So dürfte The Last of Us lange in und an euch nagen.
Bild und Ton
Audiovisuell wurde die Serie ebenfalls hervorragend eingefangen. Der Sound ist extrem gut abgemischt. Egal ob es rummst oder die Protagonisten sich vor einem Clicker (so heißen die Infizierten) verstecken. Ob man durch die Natur reitet oder verlassene Tankstellen durchforstet. Der Klang bohrt sich regelrecht in euren Körper. Hinzu kommt noch der unfassbar gute Soundtrack von Gustavo Santaolalla. Der gute Mann war auch schon für die musikalische Untermalung der Vorlage verantwortlich. Diese hat er im Grunde übernommen und in Nuancen erweitert. Die Musik ist dabei nie aufdringlich, aber dennoch bleibt sie im Ohr und unterstreicht jede Szene perfekt.
Optisch hat man die Vorlage auch super getroffen. Klar, bei Panorama-Einstellungen von zerstörten Städten wurde per Computer nachgeholfen. Anders wäre es nicht zu stemmen gewesen. Aber dennoch hat man extrem viele Set´s liebevoll per Hand gestaltet. Auch die vielen Naturaufnahmen ließen mir mehrfach die Kinnlade runterknallen. Ebenso wurden die Infizierten überwiegend per aufwendigem Maskenbild zum Leben erweckt. Man merkt der Serie an allen Ecken und Enden an, dass enorm viel Arbeit und Liebe in das Projekt gesteckt wurde. Was Bild- und Tonqualität angeht, gibt es bei dieser Standard Edition absolut nichts zu meckern.
Bonusmaterial
Das hört sich bis hierher alles gut an? Dann haltet euch fest, denn mit dem umfangreichen Bonusmaterial geht es weiter! Was hier auf die Disc´s gepackt wurde ist aller Ehren wert. Zu allen Folgen gibt es ein „Hinter der Episode“-Feature. Und auf die letzte Blu-ray hat man noch etliche Mini-Doku´s gepackt. Diese dauern zwischen 10 und 30 Minuten. Egal ob man sich über die Umsetzung vom Spiel zur Serie informieren möchte, die Verbindung des serieninternen Virus zur Realität ergründen will oder sich von den Ansichten der Darsteller berieseln lässt, hier ist für jeden etwas dabei. Zählt man das gesamte Bonusmaterial zusammen, kommt man auf ein paar Stunden zusätzliche Unterhaltung. Und ich möchte betonen, dass es sich hier nicht um ein Special-Edition handelt. Es ist die Standard Blu-ray Auswertung. Dafür ein fettes Sonderlob!
Verpackung
Eigentlich lasse ich dieses Kriterium bei Blu-ray Amaray´s aus. Aber hier muss ich ebenfalls ein Lob aussprechen. Denn die Amaray wurde in einen extrem schicken Pappschuber mit alternativem Cover gepackt. Dazu gesellt sich eine passende Prägung, welche das ganze Paket sehr wertig erscheinen lässt (siehe Bildergalerie). Die Blu-ray´s wurden auf mehrere Kunststoffseiten verteilt. Sie lassen sich leicht entnehmen und sind durch die Aufteilung auch super vor externen Beschädigungen geschützt. Zählt man das Bonusmaterial und die Verpackung zusammen, dann wurde hier ein beispielhafter Kundenservice betrieben. Ganz großes Kino!
Ich finde bei einer Videospiel Verfilmung muss man immer für seinen Geschmack abwägen was man genau will. Will man eine 1 zu 1 Umsetzung oder eine neu erzählte Geschichte bekommen wo man auch den eingefleischten Fan mit „überraschen“ will/kann und es der breiten Masse präsentieren will.
Die erste Staffel von The Last of Us hat den Fehler gemacht mit den ersten beiden Episoden vor allem aber mit der ersten (außer das Aussehen von Sarah) sich zu Großen Teilen an der Vorlage zu orientieren und dabei fast schon zu viel erzählt hat. Somit hat man es für den Mittelteil und Ende die Zeit komplett ausgereizt und dadurch das man den Left Behind DLC noch mit reingequetscht hat und mit Folge 3 die Lore von The Last of Us dem Zuschauer näher bringen wollte (was bei vielen wohl eher Futter für ein Shitstorm war) blieb von der Vorlage nicht mehr viel übrig.
Was das Spiel The Last of Us immer ausgezeichnet hat, war neben Joel und Ellie die Atmosphäre und die Apokalypse selbst. Man hatte im Spiel immer das Gefühl, das man immer in einer Apokalypse war und das man einer von ganz wenigen Überlebenden ist. Dementsprechend traf man auch auf unzählige Zombies mit wirklich knackigen Kämpfen und man musste auch „Rätsel“ lösen, da Ellie nicht schwimmen kann.
In der Serie hat man (ich nehme an aufgrund des Budgets) darauf fast komplett verzichtet und man hat es lieber in den Background von Nebencharakteren gesteckt. In der Serie kam nie das Gefühl auf, das man komplett durch das ganze Land unterwegs war um zu den Fireflys zu kommen. Es wirkte eher wie eine Abarbeitung von „Highlights“ der Vorlage. Dadurch das man Joel auch für den Mainstream menschlich wirken lassen wollte, macht das Ende dann garkeinen Sinn und hat mir persönlich als jemand der das Spiel als auch Charakterentwicklung sehr schätzt, dass Gefühl gegeben, dass die ganze Serie gerusht war und irgendwie die erste Staffel das komplette Spiel auserzählen musste.
Im Spiel machte das Handeln von Joel zum Ende Sinn und die Brutalität aber auch die Fähigkeiten hat Joel im Spiel. Er ist natürlich ein gebrochener Mann der alles verloren hat aber ein Weichei oder alter Mann der nicht mehr geradeaus schießen kann war er im Spiel nie.
Kann jeden verstehen, der das Spiel nie gespielt hat oder es aufgrund des Gameplays nicht herausragend fand dieser Serie eine 9 von 10 zu geben. Jemand der das Spiel liebt und ein großer Fan ist vor allem von Joel kann mit der Serie nichts anfangen und muss ernüchternd feststellen, nach Folge 2 das alles nur eine 6 von 10 war. Leider
Hallo Micha,
ich danke dir für deinen umfassenden Kommentar, sowie für deine Meinung.
Meine Meinung zu dem Spiel und der Serie habe ich ja schon im Review dargelegt. Deswegen gehe ich da nicht nochmal in die Tiefe.
Unterm Strich bin ich der Ansicht, dass Meinungen zu Filmen, Serien, Musik oder Games immer subjektiv sind. Es gibt objektive Punkte nach denen man bewerten kann, aber das eigene Empfinden ist am Ende ausschlaggebend für die Bewertung. Und das ist, in meinen Augen, bei jedem Kritiker so. Auch bei mir. Deswegen würde ich meine Texte auch nie als „die Wahrheit“ hinstellen, auf die alle anderen hören sollten. Letzten Endes gebe ich nur meine Sicht wieder und versuche das bestmöglich zu begründen.
Und so sollte das mit dem Rezensieren auch laufen. Man kann Sachen gut finden, man kann Sachen scheiße finden. Am Ende muss man es nur begründen können. Das ist die Basis einer Kritik.
So bin ich zwar nicht deiner Ansicht (was die Serie und das Spiel betrifft), kann deine Meinung, aufgrund deiner Begründung, aber nachvollziehen.
Btw: Deine Schreibweise ist wirklich nicht verkehrt. Auch wie du deine Ansicht begründest ist nicht verkehrt. Etwas mehr Feinschliff und dein Kommentar geht als Review durch. Schonmal mit dem Gedanken gespielt selbst welche zu verfassen? ;)
Gruß
tp
Super vorgestellt, die Serie ist toll, das Spiel kenne ich auch nicht, da ich nicht spiele. Aber gut, dass auch eine Standard-VÖ gut aussehen und tolle Extras haben kann. Nicht selbstverständlich heute :-)
Ich würde sogar sagen, dass es heutzutage eine Rarität ist soviel Bonusmaterial reinzupacken. Gerade bei Standard Amarays.
Einfach nur vorbildlich.
Freut mich, dass dir die Kritik und die Serie gefallen. Letzteres habe ich schon vermutet. :)
Nettes Review, aber insbesondere beim Ton wäre es sicherlich hilfreich anzugeben, welche Tonspur man genutzt hat. Da ja hier deutliche Unterschiede bei den Tonformaten vorliegen. (DE = DD 5.1; ENG = Dolby Atmos)
Da hast du Recht. Die Serie selbst habe ich nur mit deutschem Ton geschaut. Beim Bonusmaterial sind einige Einspieler der Serie im O-Ton zu hören.
Aufgrund der Kürze konnte ich da jedoch keine Vergleiche ziehen.
Ich danke dir für deinen Hinweis und versuche in Zukunft diese Info mit einzubauen.